aus den Tagwensprotokollen 1838 - 1903 (Landesarchiv Glarus, Gemeindearchiv):

 

 

Katastrophale Kartoffelseuche

 

1845, November

 

 

Schlussnahme

 

des Tagwens wegen der ausserordentlichen Rechnung betreff der Lebensmittel, welche der Tagwen infolge Misswuchs der Kartoffel angeschafft hat.

 

 

 

Schon seit zwei Jahren war in unserm Schweizerischen Vaterland, u. überhaupt in ganz Europa unter der Pflanze der Kartoffel, eine solche Krankheit gerathen, dass sie gänzlich missriethen, und noch auf den heutigen Tag ist das Wesen und die Ursache der Kartoffelkrankheit nicht erforscht. – An unserer Kirchweih, oder den 26 Sept. 1845 wurde  sie bemerkbar, u. nahm von Tag zu Tag so stark überhand, gleich einem Feuer, das entfesselt in einer Stadt, bei grossem Sturm ausbricht. Dessen ohngeachtet ward die Noth noch nicht so fühlbar, indem von der überaus reichlichen Erndte die meisten Leute, entweders dörrten, oder auf andere Weise – so viel Nutzen, als möglich davon zogen. –

 

Mit Besorgnis und banger Aussicht wurde im Frühjahr 1846 das Feld bestellt. Manche Hoffnung lebte wieder frisch auf, als im Sommer die Saaten sich so herrlich entfalteten, und man hoffte, wieder auf eine bessere Erndte. Allein sie schlug traurig fehl. Die Stengel oder Stauden erschwarzten schnell, und die Knollen, namentlich die grössern erfaulten oder wurden schwarz. Welch ein kleiner Erndtesegen. Viele Haushaltungen hatten nach dem Einsammeln keinen Vorrath mehr. Bis zum Neujahr nur wenige Familien. – In dieser traurigen Aussicht musste schleunige Hilfe hergeschafft werden.

 

Ueberall wurde von den Obrigkeiten die Gemeinden u. Tagwen eingeladen, dafür zu sorgen dass die Angehörigen mit Lebensmittel versorgt würden.

 

Auch auf Sool musste das geschehen, u. zwar in erhöhtem Massstab; indem wie oben bemerkt die Kartoffel ganz gefehlt hatten. – Man versammelte sich den 6 Nov  46  Abends um 7 Uhr unter dem Präsidium von Hr. Peter Jenni, als dermaliger Präsident über diese wichtige Angelegenheit. Mit grossem Ernst wurde dieser Gegenstand behandelt. Es wurde vom Tagwen erkennt: dass 200 Ctr. Türkenkorn anerkauft werden. Weiters wurde eine Commision niedergesetzt um das Geschäft zu leiten.

 

Diese Commision besteht:

 

  1. Hr. Präsident Peter Jenni,

  2.      Schulvogt Heinrich Jenni,

  3.      Steuervogt Heinrich Dürst,

  4.      Tagwenvogt Caspar Jenni,

  5.      Gemeindrath Peter Jenni,

  6.      Gemeindschbr. Peter Jenni,

          = der Gemeindrath, und

          7        Landvogt Peter Jenni

          8        Küfer Caspar Blesi

          9        Fridolin Jenni, und

         10       Caspar Luchsinger, Schreiber dies

    Die Commision ernannte vorerst ein Auswäger, dieser war für sämtliche Lebensmittel, welche ihm zugeführt wurden, sowie für deren Erlös verantwortlich, er war verpflichtet alle Woche 2 Tag, nehmlich Dienstag u. Freitag auszuwägen. Er hatte vom Zzr. 2 Pfund Rabatt oder Auszug u. für jeden Tag 12 Bz. Mühwalt.

    An diese Stelle wurde Hr. Steuerv. H. Dürst gewählt.

    In vielen Sitzungen beschäftigte sich die Commision bald mit Einkaufen vom Land, indem das Quantum von 200 Zentner lange nicht ausreichte, welche die Rechnung zeigen wird, bald mit Veränderung des Preises, oder Vertheilung auf das Tagwenrecht, indem nicht jeder Bürger so viel beziehen konnte als er zu seinem Bedürfniss nothwendig hatte, der hablichen Classe wurde nur noch die Hälfte verabreicht, als der ärmern Parthei, welche immer 1 Pfund. pr. Kopf in der Haushaltung gerechnet in der Woche holen konnte. Das Mehl wurde gemeinwerksweise auf Sool transportiert, um die daherigen Fuhrkosten zu sparen.

    Die Seele vom ganzen Geschäftsgang war unser Hr. Präsident, welcher das ganze Jahr unverdrossen die nöthigen Schritte einleitete, um die Lebensmittel so billig als möglich zu erhalten, u. den Familien zu vertheilen, anderseits die vielen und beschwerlichen Rechnungen von Frucht-, Fuhr-, Müller- u. Auswäger Löhne beseitigte, und dieses Alles ohne ein Kreutzer Lohn an handen zu nehmen, dafür den auch an der Schlussrechnung das angenehme und unerwartete Fazit herauskam, dass der Tagwen nur ein Ausfall von fl. 7.41 sage sieben Gulden 41 B. wogegen in den meisten Gemeinden des Landes der Verlust von mehreren Hunderten und in den grössern auf Tausende sich beliefen.

    Aus diesen Gründen beschloss der Tagwen, nach Anhörung dieses Resultat, einstimmig: Von dieser uneigennützigen Handlungsweise des Präsidenten als auch der Commision Vormerkung zu nehmen, solches umständlich im Protokoll zu verzeichnen, damit die Mit und Nachwelt, solches als ein Muster betrachten und sich darnach richten könne.

    Möge Gott der Allvater uns den Segen über die Früchte des Landes ertheilen, möge Er uns dieselben wieder so reichlich spenden, dass auch die Armen wie die Reichen, die Bedürftigen gleich den Hablichern ersättigt, und nach diesem Erdenleben einst Alle zur ewigen Ruhe gelangen!!

    Das gebe Gott.

     

    Hier folgt nachträglich die Rechnung.

     

    Es wurden verkauft:

 

Türkenmehl

Reihs

Weitzenmehl

Pfund 19‘177 à 4 1/3 B.

Pfund 282   à  7 B.

Pfund 3549  à  7 ½

5‘511  à 42/3

2113  à  7 2/3

 

6‘674  à  5

   

 

Total        31‘362 fl. 2843.381/3  

Total 2395

fl.363.23 1/3

Total   fl. 547. 3 ½

 

 

 

Zusammen: fl. 3‘754.15 1/6

 

 

 

Der Auswäger  hatte 80 Tag à 12 B.                 fl.     64.-

 

Der Müller für das Malen                                          69.10

 

Der Fuhrmann für das Führen                                 39.45   

 

                                                                                                                                                                 zurück