ABC des Lehrerberufes (mit Selbstbeurteilungs-Tabelle!)

  von Fridolin Baumgartner

 

  Abstellen/Aussteigen

Wer vom Schule geben mit Haut und Haar erfasst wird, schwebt immer in Gefahr, von der Schule aufgefressen zu werden. Unzählige Lehrpersonen sind dieser Gefahr zum Opfer gefallen. Es ist die Pflicht jeder Lehrperson und im Interesse auch der Schüler, sich so viele Freiräume zu schaffen, dass die psychische und physische Gesundheit erhalten bleibt. Im Zweifelsfall hat eine zeitintensive Vorbereitung oder eine Perfektionierung des Unterrichts zurückzutreten.

 

Achtung

Man hört immer wieder den Ausspruch: Ich liebe (meine) Kinder. Das ist – im Zusammenhang mit Schule geben -  Unsinn. Es geht aber darum, dass die Lehrperson ihre Schüler als gleichwertige Mitmenschen anerkennt und deren Gedanken und Meinungen in jedem Fall ernst nimmt.

Das gleiche gilt für die Schüler gegenüber der Lehrperson. Dabei gilt es zu beachten: Abfällige Äusserungen über Lehrpersonen haben ihren Ursprung häufig bei den Mitschülern und Eltern. Solche Äusserungen müssen weggesteckt werden. Jeder Tag soll auch in belasteten Beziehungen neu und ohne Vorgeschichte beginnen.

 

Anerkennung

Die meisten Lehrer sind der Ansicht, dass sie ihre Aufgabe tadellos und ohne Grund für irgend eine Kritik erfüllen. Leider sind sie mit dieser Ansicht meistens allein. Es liegt in der Natur der Sache, dass positive Bewertungen äusserst selten und kritische Bewertungen an der Tagesordnung sind. Lohn der Arbeit ist nicht öffentliche oder halböffentliche mehr oder weniger ehrliche Belobigung, sondern das, was ein Schüler aus seiner Schulzeit ins Leben mitnimmt. Logischerweise ist darüber meistens nichts zu hören oder zu sehen. Selbstmitleid hat aber im Lehrerberuf nichts zu suchen.

 

Arbeitsbeschaffung

Der Mythos, dass jeder Schüler jeden Tag Schulaufgaben zu erledigen habe, führt logischerweise dazu, dass solche Hausaufgaben um jeden Preis auf den Tisch kommen müssen. Dass 90% dieser Aufgaben keinen Lerneffekt haben und für die Lehrperson einen Nonsense-Korrektur-Aufwand bringen, wird ignoriert.

Die gewaltige Flut an Arbeitsblättern lässt den Schluss zu, dass die Schüler auch während des Unterrichts vieles tun, dass ausser Zeitvertreib keine Wirkung hat. Dies ist ein unentschuldbarer Missstand (und ökologischer Unsinn).

 

Bevorzugung

Es ist eine der schwierigsten Forderungen an die Lehrpersonen, ihre Schüler alle gerecht und genau gleich zu behandeln. Dies wird kaum jemandem gelingen. Man kann aber jeden Tag versuchen, Sympathien und Antipathien nicht bemerkbar werden zu lassen.

 

Eltern

Die Eltern sind in Bezug auf ihre Kinder für alles zuständig und auch verantwortlich. Die Lehrperson ist die Fachperson, die die Eltern in ihren Bemühungen für die Kinder unterstützen soll, nicht mehr und nicht weniger. Das müssen auch Eltern zu begreifen lernen, die ihre Aufgaben auf die Schule abzuschieben versuchen.

 

Entwicklung

Es geht nicht darum, dass die Schüler ihre Zeit in der Schule absitzen. Diese Zeit ist zu wertvoll, um  sie sinnlos verstreichen zu lassen. Es ist die Pflicht der Lehrperson, dafür zu sorgen, dass jeder Tag für jeden Schüler einen Gewinn bringt.

 

Freiwillig

Es gibt immer wieder Gelegenheiten, wo freiwillige Arbeit der Lehrperson gefordert wird. Angesichts der relativ guten Bezahlung des Lehrerberufes steht es diesen nicht an, auf einer buchstabengetreuen Interpretation ihres Lehrauftrages zu pochen.  Im Interesse der Schüler ist Freiwilligenarbeit selbstverständlich, wenn es um Ausnützung geht, ist sie allerdings strikte abzulehnen.

 

Individualisierung des Unterrichts

Das Klassensystem führt dazu, dass Lehrpersonen häufig im  „Rasenmäherprinzip“ unterrichten, d.h.an  alle Schüler werden die gleichen Anforderungen gestellt und allen Schülern die gleichen Kenntnisse vermittelt, ungeachtet der Fähigkeiten und des Vorwissens. Das verursacht gewaltige Frustrationen und ist contra produktiv. So weit wie es immer möglich ist, muss auf den Stand der Fähigkeiten und des Wissens des einzelnen Schülers Rücksicht genommen werden.

 

Klima

Wer in ein Schulzimmer tritt, merkt innert Sekunden, was für ein Klima in diesem Zimmer herrscht. Es ist die  Aufgabe der  Lehrperson, für eine offene, freie, angenehme Stimmung im Schulzimmer zu sorgen, denn nur in einem guten Klima ist gute Schule überhaupt möglich.

 

Konflikte

Konflikte gibt es in allen Beziehungen. Das Schlimmste, was man damit machen kann, ist sie weg- oder aufzuschieben. Das Beste, was man damit machen kann, ist reden. Es gibt für jeden Konflikt eine Lösung, aber manchmal muss man sie lange suchen.

 

Konsequenz

Konsequenz ist ein Grundpfeiler jeder Erziehung, Inkonsequenz Gift für jede Beziehung zu Kindern und anderen Mitmenschen.

 

Kritik

Kritik muss sein, sonst erstarrt alles. Kritik ist je nach Standpunkt unberechtigt oder berechtigt. Das Schlechteste, was man damit tun kann, ist beleidigte Leberwurst spielen, das Beste, was man damit machen kann, ist reden.

 

Leitplanken

Es ist die Pflicht jeder erziehenden Person, durchdachte und genau definierte Leitplanken für das Zusammenleben in seinem Umfeld  zu setzen, sie bekannt zu geben und deren Einhaltung durchzusetzen. Kinder und Jugendliche wollen und brauchen solche Regeln samt vorgesehene und angekündigte Sanktionen gegen Verstösse. Eine Entwicklung ohne gesetzte Grenzen ist ein Desaster für die Zukunft der jungen Menschen.

 

Mobbing

Kinder können grausam sein. Sie müssen auch diese Seite des Erwachsenwerdens kennen lernen, was aber in keinem Fall zulasten der Mitschüler geschehen darf. Mobbing ist in keinster Weise zu dulden und dies sollen die Schüler wissen und erfahren.

 

Motivation 1

Motivation ist das Zauberwort jeder Erziehung und jeden Lernens. Kinder lernen oder machen alles, wofür sie motiviert sind. Zur ihrer Motivation gehört

a) dass sie sich ernst genommen vorkommen

b) dass sie wissen, warum etwas so ist, gemacht wird oder gemacht werden soll und zwar ehrlich

 

Motivation 2

Motivation ist auch das Zauberwort für eine erfolgreiche Arbeit der Lehrperson. Wenn diese fehlt, ist dringend geboten, eine neue Aufgabe zu suchen. Übrigens: Geld darf nie eine Motivation für die Arbeit sein.

 

Noten

sind eine Vorspiegelung falscher Tatsachen. Sie geben Objektivität vor, sind aber fast immer sehr subjektiv und weitgehend ungerecht. Wenige Schüler freuen sich über Noten, viele leiden darunter. Trotzdem sind Noten allgemein äusserst beliebt. Als Motivation sind sie selten geeignet.

 

Schutz vor Eltern-Forderungen

Es gibt immer wieder Eltern, die wollen, dass es ihren Kindern einmal „besser geht als ihnen“. Das ist eine fragwürdige  Begründung für Ansprüche der Eltern an die Kinder, es geht dabei nämlich in der Regel  um Ehrgeiz und Neid auf den Nachbar bzw. dessen Kinder. Falscher Ehrgeiz zerstört die Karriere der Kinder schon am Anfang. Nicht alle Eltern hören dies gerne.

 

Selbsteinschätzung

Ein Lehrerleben ohne Zweifel gibt es nicht. Die Lehrperson muss aber das Gefühl haben, ihrer Aufgabe gewachsen zu sein. Andernfalls gerät  sie in eine verhängnisvolle Spirale aus Zweifeln, Ungenügen, Angriffen und Kritik, was verheerende Folgen für Lehrperson und Schüler hat.

 

Selbstwertgefühl

Die entscheidende Substanz für die positive Entwicklung jedes Menschen ist ein gesundes Selbstwertgefühl. Für die Erhaltung desselben können und müssen auch Lehrpersonen alles beitragen, was möglich ist.

 

Strafen

Strafen sind Kapitulationen wegen begangenen Erziehungssünden. Kein Kind will bestraft werden. Leider geht es nicht ganz ohne, weil ein Überschreiten der  Erziehungsleitplanken sanktioniert werden muss. Strafen müssen aber immer einen für das Kind fassbaren Grund haben, sollten mit dem „Vergehen“ einen Zusammenhang haben und eine Prise Humor (keine Verbissenheit) enthalten.

 

Teamarbeit

Nicht alles, was so heisst, ist Teamarbeit. Teamarbeit muss allen Mitgliedern gleichwertig zugute kommen. Teamarbeit kann sehr befruchtend und arbeitserleichternd sein, darf aber keine Entschuldigung für eigene Versäumnisse werden. (Toll, Ein Anderer Macht’s)

 

Theorie und Praxis

Schulen, bis in die oberste Etage, neigen dazu, mehrheitlich theoretische Erkenntnisse und Fertigkeiten, die ausserdem nicht immer relevant sind, zu vermitteln (aus Bequemlichkeitsgründen). Alle Möglichkeiten, das reale Leben in die Schule einzubeziehen müssen zwingend ausgenützt werden.

 

Unterricht

Unterricht darf nie aus der Konservendose kommen. Es ist die Pflicht jeder Lehrperson, jeden neuen Tag neu zu gestalten. Wichtige Zutaten zum Unterricht sind Spontanität und Humor.

 

Verträglichkeiten

Wer keinen Lärm verträgt, ist für die Arbeit in der Schule nicht geeignet. Stress gibt es (fast) überall. Dieser muss für den Schüler möglichst wenig zu bemerken sein.

 

Vorbereitung

Freihändiges Schule geben führt ins Desaster. Das heisst nicht, dass jede Minute und jedes Ziel geplant werden muss und diese Vorgaben verbissen einzuhalten sind, aber die Lehrperson muss wissen, was sie erreichen und wie sie vorgehen will.

 

Wahrheit

Die Schüler müssen sich darauf verlassen können, dass die Lehrperson nicht schummelt oder lügt. Man soll auch zugeben, wenn man etwas nicht weiss oder kann. Vor allem die Kinder, aber nicht nur sie, sind äusserst heikel, wenn es um „Wahrheit“ geht.

 

Weiterbildung

Ohne Weiterbildung geht es nicht, aber viele Lehrpersonen verdrängen, dass sie sich nicht dort weiterbilden sollten, wo sie schon gut sind und mit ihren Fähigkeiten glänzen können, sondern dort, wo Defizite bestehen. Das mindert die Effizienz der Weiterbildung.

 

Zum Schluss:

Der Lehrerberuf ist der schönste, aufreibenste, interessanteste, erfüllendste, befriedigenste, anspruchsvollste, gefährlichste, undankbarste ……. Beruf der Welt, den es gibt.

 

Selbst-Qualitätssicherung und –entwicklung:

Kriterienkatalog für Lehrpersonen  

 

Diese Tabelle kann markiert und in ein Word Dokument kopiert werden.

 

 

Bitte ankreuzen:   1= trifft gar nicht zu  6 = trifft immer zu

 

 

 

Kriterium

1

trifft nie zu

2

trifft selten zu

3

trifft

hie und da zu

4

trifft

mehrheitlich zu

5

trifft meistens zu

6

trifft immer zu

weiss nicht

Ich freue mich am Ferienende auf meine Arbeit.

 

 

 

 

 

 

 

Ich stehe jederzeit genügend vorbereitet vor meinen Schülern.

 

 

 

 

 

 

 

Ich achte jeden meiner Schüler. Ich nehme jeden Ernst.

 

 

 

 

 

 

 

Meine Schüler achten mich.

 

 

 

 

 

 

 

Ich freue mich jeden Tag auf den nächsten.

 

 

 

 

 

 

 

Meine Aufgaben und Aufträge sind durchdacht. Ich verzichte auf „Arbeitsbeschaffungs“aufgaben.

 

 

 

 

 

 

 

Ich stelle meine Methoden und meinen Unterricht immer wieder in Frage und passe sie an.

 

 

 

 

 

 

 

Ich lege Wert darauf, dass sich die Schüler jeden Tag sozial und bildungsmässig weiter entwickeln.

 

 

 

 

 

 

 

Ich motiviere jeden einzelnen Schüler immer wieder neu.

 

 

 

 

 

 

 

Ich vermeide jede Bevorzugung irgend eines Schülers.

 

 

 

 

 

 

 

Ich kann damit leben, dass sich die Anerkennung meiner Arbeit meiner Meinung nach sehr in Grenzen hält.

 

 

 

 

 

 

 

Ich kann mich regelmässig, d. h. mindestens wöchentlich einmal, während mind. zwei Stunden ganz von meinen Tätigkeiten lösen.  (Abstellen)

 

 

 

 

 

 

 

Ich versuche immer, positiv auf Kritik zu reagieren.

 

 

 

 

 

 

 

Die Schulleitung arbeitet optimal mit mir zusammen.

 

 

 

 

 

 

 

Ich arbeite mit Kollegen oder Kolleginnen tatsächlich (nicht nur scheinbar) zusammen, mit dem Ziel, gemeinsame Ziele zu erreichen.

 

 

 

 

 

 

 

Ich bilde mich genügend weiter auf allen Gebieten, in denen ich tätig bin.

 

 

 

 

 

 

 

Ich erfülle den Lehrplan, bzw. erreiche die mir gesetzten Ziele.

 

 

 

 

 

 

 

Ich bin bereit, wenn nötig freiwillige Zusatzarbeiten ohne Entschädigungen auszuführen.

 

 

 

 

 

 

 

Ich schütze meine Schüler wenn nötig vor den zu hohen Ansprüchen ihrer Eltern.

 

 

 

 

 

 

 

Ich achte darauf, dass alle Schüler möglichst gleichwertig von meinem Unterricht profitieren.

 

 

 

 

 

 

 

Ich betrachte Konflikte nicht als persönliche Niederlagen, sondern versuche ehrlich, Lösungen zu finden.

 

 

 

 

 

 

 

Ich schütze Schwächere vor dem Mobbing ihrer Mitschüler.

 

 

 

 

 

 

 

Alle Schülern fühlen sich in meinem Schulzimmer wohl.

 

 

 

 

 

 

 

Mir ist es wohl in meinem Schulzimmer.

 

 

 

 

 

 

 

Ich gehe mit der Wahrheit sorgfältig um. Meine Aussagen sind vollständig wahr.

 

 

 

 

 

 

 

Ich  habe das Gefühl, dass ich meinen Aufgaben gewachsen bin.

 

 

 

 

 

 

 

Ich vertrage Lärm und Stress.

 

 

 

 

 

 

 

Externe neutrale Besucher werten das „Klima“ in meinem Schulzimmer positiv.

 

 

 

 

 

 

 

Die Eltern bzw. Erziehungsberechtigten sind meine Partner in allen Schulfragen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auswertung: Was bedeuten die "Noten"?

            

                                                           1 = Massnahmen sind sofort nötig

                                                           2 = Massnahmen sind zu planen

                                                           3 = Thema ist im Auge zu behalten

                                                           4 = genügend, aber nicht mehr

                                                           5 = man kann zufrieden sein

                                                           6 = könnte nicht besser laufen

 

 

Wo befinden sich die Kreuze?

Alle Kreuze in linker Hälfte:            Bitte, wenn möglich, Beruf wechseln.

 

Alle Kreuze unter 5 und 6:              Bitte Einträge  löschen und nochmals von vorne beginnen.           

                                                              (Solche Lehrpersonen gibt es nicht).

 

 

Dasselbe als Power-Point Präsentation:

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Präsentation Schule geben Fassung3 klass
Microsoft Power Point Präsentation 668.8 KB

 

 

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